Paula Geisler, die im vergangenen Jahr erfolgreich ihr Abitur absolviert hat, ist momentan im Rahmen einer freiwilligen ehrenamtlichen Arbeit in Panama. Was sie dort bereits erlebt hat, berichtet sie euch ausführlich im folgenden Interview.

Gleich zu Beginn: Wieso hast du dich nach dem Abitur dazu entschlossen, nach Panama zu gehen?

Ich hatte schon lange den Plan mich nach der Schule als Freiwillige zu engagieren. Ich möchte vor meinem Studium interkulturelle Kompetenzen erwerben. Wir leben in einem reichen Land, wir können am Bildungssystem kostenfrei teilhaben und sind keiner Unterdrückung oder Armut ausgesetzt. Dafür bin ich ich sehr dankbar. Es ist mir ein tiefes Anliegen von unserem Wohlstand etwas zurückzugeben. Mein Wunsch war es, in ein Land zu gehen, in dem die Menschen weniger Chancen haben und dort im sozialen Bereich zu helfen.

Wie war die Ankunft in Panama für dich?

Nach dem fast 12-stündigen Flug bin ich in Panama-Stadt angekommen. Als ich den Flughafen verlassen habe, hatte ich das Gefühl, aufgrund der warmen und schwülen Luft, ein Hallenbad zu betreten. Das legte sich allerdings schnell wieder, da der Bus, der uns zum Hostel brachte, so stark klimatisiert war, dass ich vor Angst gleich krank zu werden wieder meine Jacke ausgepackt habe. Im Hostel angekommen, gab es Pizza und Limo und nach einer kurzen Begrüßung ging für mich ein anstrengender 22-Stunden Tag zu Ende. Die Ankunft in Panama-Stadt war noch lange nicht die Ankunft an dem Ort, in dem ich die nun nächsten 11 Monate verbringen sollte. Mir stand noch eine 12-stündige Busfahrt nach Changuinola, einer Stadt nah an der Grenze zu Costa Rica vor, in der mich dann mein Gastvater am Bus-Terminal abholen sollte.

Bevor du in Panama angekommen bist, wusstest du noch nicht, was auf dich zukommt. Welche Aufgaben erwarteten dich letztendlich vor Ort?

Natürlich war ich aufgeregt, was in Panama auf mich zukommen wird, aber irgendwann habe ich mir gesagt, dass ich es einfach auf mich zukommen lassen werde. Im Gegensatz zu anderen Freiwilligen, die zusammen in einer Stadt leben, bin ich bin die einzige AFS-Freiwillige in meiner Provinz, kriege aber meine Tage super herum ohne vor Langeweile Löcher in den Boden zu starren. Montag bis Freitag arbeite ich von früh morgens bis nachmittags (7:30 Uhr bis 15 Uhr) in einem Heim (Nutre Hogar), in dem unterernährte Babys und Kleinkinder untergebracht werden, bis sie wieder ein Normalgewicht erreicht haben. Neben meiner Arbeit im Nutre Hogar wirke ich auch bei einer Umweltgruppe, namens Reforestando Centroamerica mit, die unter anderem Strandreinigungen durchführt und bei Schildkrötenprojekten mithilft.

Verstehst du dich gut mit deiner Gastfamilie?

Inzwischen bin ich schon zweimal umgezogen und wohne sozusagen in der dritten Gastfamilie – und zwar bei einer alleinstehenden Frau, deren drei Söhne schon ausgezogen sind und deren Mutter sich schon über meine Ankunft gefreut hat, da ihre Tochter dann nicht mehr so viel alleine zuhause ist. Die ersten drei Monate habe ich bei einem Kinderarzt gewohnt, bis ich aufgrund eines Wasserschadens vorübergehend in die Familie meines AFS-Lokal ziehen musste. Aus den zwei Wochen, die ich eigentlich bei meinem AFS-Lokal unterkommen sollte, wurden knapp 1½ Monate und ich habe immer noch keine klare Antwort von meinem eigentlichen Gastvater erhalten, wann ich wieder zu ihm zurück kann. Daraufhin hat mein AFS-Lokal bei einer Freundin nachgefragt, die auch schon mal eine Freiwillige von meiner Organisation aufgenommen hat, und ein paar Tage später bin ich zu ihr gezogen. Bei ihr fühle ich mich wirklich wohl, erzähle viel mit ihr und unter der Woche, wenn wir beide arbeiten müssen, essen wir morgens und abends zusammen.

Was war das Schlimmste, das dir bisher widerfahren ist?

An dieser Stelle möchte ich gerne einen Blogartikel, den ich über ein Mädchen aus dem Nutre Hogar geschrieben, zitieren: „An einem Wochenende kam die Mutter von Esberilda, einem kleinen Mädchen, ins Nutre Hogar, um ihre Tochter zu besuchen. Ihr wurde allerdings mitgeteilt, dass die ihm Krankenhaus ist. Mir wurde gesagt, dass die Mutter ihre Tochter dort anscheinend nicht besuchen wollte. Ich weiß nicht, ob die Mutter vielleicht gar nicht wusste, wie kritisch der Zustand ihrer Tochter wirklich war.

Am darauffolgenden Mittwoch, als ich in die Arbeit gekommen bin, wurde mir mitgeteilt, dass Esberilda am Morgen um 4 Uhr gestorben ist. Die Hilfe kam zu spät. Sie hätte direkt medizinische Hilfe benötigt, als ihre Tante sie zu uns brachte. Es ist schockierend, dass es wirklich auch soweit kommen kann.

Ich werde es vermutlich nie verstehen können, wie man als Elternteil dabei zu sehen kann, dass das Kind so verhungert und nicht wirklich etwas dagegen unternimmt.“

Ein weiteres schlimmes Erlebnis war, als ich zum ersten Mal nach einem tollen Tagesausflug mit einem Freund an einen Wasserfall unter Amöbenruhr gelitten habe. Ich glaube, ich hatte noch nie eine so heftige Nacht erlebt, in der ich so oft ins Bad rennen musste und vor lauter Schwäche im Bad zweimal hintereinander zusammengebrochen bin. Am nächsten Tag habe ich von meinem Gastvater Tabletten gegen Tropenkrankheiten bekommen und mir ging es langsam wieder besser. Daraus habe ich gelernt, dass ich nicht in alle Gewässer reinspringen sollte.

Nun aber zurück zum Positiven: Was war das Beste, das dir bisher widerfahren ist?

Es ist gar nicht einfach zu sagen, was das Beste ist, das mir bisher widerfahren ist, da ich viele besondere Momente in Panama das erste Mal in meinem Leben erlebt habe. Etwas sehr Besonderes war der Ausflug mit Reforestando Centroamerica auf eine abgelegene, geheimnisvolle Insel, um dort eine Strandreinigung durchzuführen. Noch nie habe ich so schöne, magische, unberührte Gewässer gesehen. Aber auch Silvester mit tollen Menschen am längsten Strand von Panama zu verbringen und leuchtende Papiertüten, die in den Himmel, wo der Mond leuchtet, aufsteigen, zu beobachten, war sehr besonders für mich.

War es einfach, Kontakte zu Einheimischen zu knüpfen und Freunde zu finden?

Ich habe Glück, dass mich mein AFS-Lokal mich mit in die Uni genommen hat, an der ich am Unterricht einer Gruppe von Grundschullehramtsstudenten teilnehmen konnte und dass er mich mit dem jungen Chef von Reforestando Centroamerica bekannt gemacht hat. Eine junge Frau von der Uni besuche ich immer wieder bei ihr zuhause, wo wir schon oft etwas mit der ganzen Familie unternommen haben. Dank der Umweltgruppe habe ich auch panamaische Freunde in meinem Alter gefunden. Da ich auch schon oft alleine unterwegs war, ist es mir recht einfach gefallen neue Leute kennenzulernen, gerade auf der touristischen Insel in meiner Provinz, die junge Backpacker aus der ganzen Welt anzieht.

Ich bedanke mich herzlich für das Interview und wünsche dir auch weiterhin viel Spaß und Erfolg in Panama! Um mehr von Paulas Erlebnissen in Panama zu erfahren, könnt ihr gerne ihren Blog „Paula en Panama“ besuchen.

Das Interview führte Sarah E. Kühn (MSS 11)

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