Sicher kennt ihr es auch – Kopfschmerzen nach langem Lernen, Bauchschmerzen vor der Schule oder die unglaubliche Erschöpfung nach der achten Stunde.

Tatsächlich klagt jeder fünfte Jugendliche über wiederkehrende Kopf- oder Bauchschmerzen – Tendenz steigend. Nein, ich meine nicht die gespielten „Wir-schreiben-morgen-eine-Klassenarbeit-Beschwerden“, wobei das sicher auch einige kennen, sondern ernsthafte Beschwerden, die aus Stress resultieren.

Schon in der Grundschule beginnt der Leistungsdruck zu steigen: Nachhilfe ab der zweiten Klasse, damit man es mit Ach und Krach noch aufs Gymnasium schafft. Als scheinbar einzig wahre Schulform angesehen, wollen ein Großteil der Eltern ihre Kinder aufs Gymnasium schicken, obwohl sie dafür gar nicht geeignet sind. Dabei verschwimmen die Linien zwischen Forderung und Überforderung: Das Kind soll ein Instrument beherrschen, sportlich aktiv sein, Förderunterricht nach der sechsten Stunde erhalten.

Freizeit? Fehlanzeige!

Einer Studie der Universität Bielefeld zufolge glauben 87% der Eltern gestresster Kinder nicht, dass sie ihr Kind überfordern. Im Gegenteil: 50% meinen sogar, es sei eher unterfordert. Schnell wandeln sich die Kopf- und Bauchschmerzen in Schulangst, Depressionen, Magersucht und sogar Burn-Out um.

Dabei sind es nicht einmal die Eltern, die den meisten Druck ausüben.

Wir alle möchten möglichst gute Noten erreichen, durch besondere Leistungen hervorstechen und einen guten Eindruck hinterlassen.

In unserer leistungsorientierten Gesellschaft ist Perfektion und Erfolg alles, und auch in unseren Köpfen als höchstes Ziel schon lange verankert. Bei vielen Jugendlichen artet Engagement und Fleiß zu übertriebenem Perfektionismus und selbstauferlegtem Leistungsdruck aus.

„Ein Einser-Abi muss ja wohl mindestens drinnen sein“, denken viele, wobei man oftmals für den angestrebten Studiengang auch mit einem schlechteren Notendurchschnitt zugelassen werden würde oder überhaupt noch nicht klar ist, was man nach dem Schulabschluss machen möchte.

Das Paradoxe an der ganzen Lernerei ist nämlich, dass man einerseits gute Noten und damit das Abitur haben möchte, um einen Beruf ausüben zu können, indem man komplett aufgeht, andererseits aber gar nicht mehr die Zeit hat, um nach einer solchen Berufung zu suchen.

Denn alles muss heute schnell gehen – mindestens drei Arbeiten in einer Woche und zwei HÜs an einem Tag sind in der Zeit kurz vor den Ferien keine Seltenheit. Dabei sorgt der Zeitdruck keineswegs für den gewünschten Lernerfolg, den sich die Lehrer erhoffen. Wenn jeden Tag ein anderer Test geschrieben wird, kann man nur auf eine Weise den Stoff schnell erarbeiten: Bulimie-Lernen. Das Hineinstopfen des Lernstoffes am Vorabend, welcher am nächsten Tag bei der Arbeit auf den Tisch „gekotzt“ wird. Genauso lange behält man bei dieser Lernmethode letztendlich das Wissen im Kopf. Trotzdem hat jeder während seiner Schulzeit schon einmal so gelernt, wie sollte es auch anders gehen?

Wenn man doch mal die Zeit hat, eine Woche vorher schon mit dem Lernen zu beginnen, dann bleiben für das Erarbeiten der Aufgaben während einer HÜ doch nur 15 Minuten. Viel zu wenig, um sich wirklich mit einem Thema auseinanderzusetzen, sich zu konzentrieren oder ruhig nachzudenken. Außerdem völlig unrealistisch – in der Realität würde ich mir auch mehr Zeit nehmen, um zum Beispiel ein mathematisches Problem zu lösen, dann wahrscheinlich sogar ein besseres Ergebnis erlangen. Stattdessen schleichen sich in der Hektik nicht geschaffte oder falsch verstandene Aufgaben und Flüchtigkeitsfehler ein, obwohl man es eigentlich besser machen könnte.

Und was soll man nun für eine Schlussfolgerung daraus ziehen? Gar nicht lernen?

Nein! Nur sollte jeder erkennen, wann es genug ist und man die Schule auch mal Schule sein lassen kann. Mit Folgeerkrankungen durch Leistungsdruck ist nicht zu spaßen. Leider steigt die Anzahl der betroffenen Jugendlichen immer weiter an. Lasst euch in der Arbeiten-Zeit nicht stressen und setzt auch mal klare Prioritäten – eine gute Mischung aus Fleiß und Gelassenheit ist das Rezept für eine schöne Schulzeit.

Und ihr? Findet ihr euch hier wieder oder seid ihr eher Vertreter des Minimalprinzips?

Sarah Kühn (10C)

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