„Zoom ran. Zoom näher ran. Noch ein bisschen. Ein körniges Bild: Ein Junge, das Gesicht auf dem Asphalt. Ein Mann über ihm. Fäuste stürzen auf ihn nieder wie Steine. Gebrüll, Blaulicht und Sirenen. Blut auf der Straße. Der Junge bewegt sich. Dann nicht mehr.“

Der Jugendroman „Nichts ist okay“ von Jason Reynolds und Brendan Kiely ist in der deutschen Fassung erstmals 2015 beim dtv-Verlag erschienen. Er wurde von Klaus Fritz und Anja Hansen-Schmidt aus dem Englischen übersetzt. Der Originaltitel in englischer Sprache lautet „All American Boys“. Der Roman handelt von einem dunkelhäutigen Jugendlichen namens Rashad Butler, der in einem kleinen Laden grundlos von einem Polizisten heller Hautfarbe gefasst und auf die Straße gezerrt wird. Dort verletzt der Polizist ihn so schwer, dass Rashad für mehrere Tage ins Krankenhaus muss. Der hellhäutige Quinn beobachtet das Geschehen und ist auch im weiteren Verlauf der Handlung mit der Situation überfordert.

Die Geschichte spielt in einer amerikanischen Stadt namens Springfield. Da es in den USA zwei größere Städte mit diesem Namen gibt, ist nicht bekannt, welche der beiden gemeint ist. Die aus zwei Sichtweisen geschilderte Handlung erzählt in etwa 300 Seiten von den Ereignissen innerhalb einer Woche, beginnend und endend an einem Freitag.

Der Roman handelt von dem sechzehnjährigen Rashad Butler, der in einem kleinen Laden, ohne etwas Rechtswidriges getan zu haben, von einem hellhäutigen Polizisten des Diebstahles beschuldigt, gefasst und aus dem Gebäude gezerrt wird. Dort verletzt ihn der Polizist so schwer, dass Rashad für mehrere Tage ins Krankenhaus muss. Quinn, ein Junge ähnlichen Alters, beobachtet dies und ist sich nicht sicher, wie er sich nach dem Vorfall verhalten sollte. Ein großer Teil des Buches beschreibt die Situation in der Schule, die Rashad und Quinn besuchen und schildert eindrücklich, wie die Schülerinnen und Schüler auf den Vorfall reagieren. Schließlich wird eine Demonstration gegen Rassismus geplant. Deutlich zu erkennen ist Quinns innerer Konflikt, denn der Jugendliche weiß nicht, ob er sich Rashad oder dem Polizisten anschließen soll. Dabei spielt es eine große Rolle, dass der Bruder von Quinns bestem Freund der Täter ist.

Der Roman endet mit der Durchführung der Demonstration. Wie letztendlich der Gerichtsprozess ausgeht, bleibt unklar.

An der Erzählweise ist auffällig, dass jeder der beiden Autoren aus der Sichtweise je eines der beiden Protagonisten schreibt, wobei Jason Reynolds, ein dunkelhäutiger Autor, das Geschehen aus der Sicht des ebenfalls dunkelhäutigen Rashads schreibt, während Quinns Sicht, also die des hellhäutigen Protagonisten, vom ebenfalls hellhäutigen Autor Brendan Kiely erzählt wird. Beide schreiben aus der Ich-Perspektive. Jeder Tag wird einmal aus Rashads und einmal aus Quinns Sicht erzählt.

Die Intention der Autoren geht nicht nur aus der erzählten Geschichte hervor, sondern ist auch Reynolds und Kielys Danksagungen zu entnehmen. Sie möchten beide ein Zeichen gegen Rassismus und vor allem gegen die Gewalt amerikanischer Polizisten gegenüber Menschen dunkler Hautfarbe setzten. 

Dass das Buch aus zwei Sichtweisen geschrieben ist, ist meiner Meinung nach positiv zu bewerten, da der Leser auf diese Weise zwei unterschiedliche Meinungen erhält. Die chronologische Erzählweise ist passend zu der Handlung gewählt und fördert die Authentizität der Atmosphäre und den Lesefluss. Auch an der Übersetzung aus dem Englischen ist nichts zu bemängeln. Das Werk liest sich trotzdem gut und flüssig. Ein großer Vorteil ist, dass die Sprache der jungen Charaktere an die heutige Jugendsprache angepasst ist und das Buch dadurch insbesondere für diese Altersgruppe geeignet ist und die Charaktere authentischer wirken. Da aktuelle politische Themen aufgegriffen werden, ist das Buch jedoch sicherlich auch für erwachsene Leser eine gute Wahl.

Die wichtigen Figuren sind ausführlich charakterisiert und wirken auf diese Weise nahezu lebensecht, was nicht zuletzt daran liegt, dass beide Autoren aus der Ich-Perspektive erzählen, was die aufgebaute Spannung positiv beeinflusst. Ein weiterer Beitrag zur Realitätsnähe ist, dass am Ende der Demonstration dunkelhäutige Opfer von Polizeigewalt genannt werden, die tatsächlich existierten. Was mich besonders beindruckt, ist, dass Kiely es schafft, den Leser auf interessante Weise miterleben zu lassen, wie Quinn Schritt für Schritt der Lösung seines inneren Konfliktes näherkommt.

Was mich persönlich ein wenig an dem Buch gestört hat, ist, dass Rashads Vater, der ebenfalls Polizist ist, diesem im Verlauf der Handlung, davon erzählt, dass er selbst einige Zeit zuvor einen dunkelhäutigen Jungen, der ebenso wie Rashad nichts Verbotenes getan hatte, angeschossen hatte und dieser eine Querschnittslähmung davonträgt. Im Vergleich zum Hauptkonflikt, also der Auseinandersetzung zwischen dem hellhäutigen Polizisten und Rashad, einem der Protagonisten, ist diese Geschichte ein wenig übertrieben und schiebt die hauptsächliche Handlung bei manchen Lesern möglicherweise zu stark in den Hintergrund.

Abschließend ist festzuhalten, dass der Jugendroman spannende Freizeitlektüre und politisches Geschehen auf interessante Art und Weise kombiniert. Das Buch ist leicht zu lesen und verleiht dem Leser die Angewohnheit, auch hin und wieder über den Tellerrand hinauszuschauen und die Problematik aus verschiedenen Sichtweisen zu durchleuchten. Für mich ist „Nichts ist okay!“ ein gut gelungener Jugend- und Erwachsenenroman.

Dominik Neu (10D)

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