Leben heißt – dunkler Gewalten

Spuk bekämpfen in sich.

Dichten – Gerichtstag halten

Über sein eignes Ich.

Henrik Ibsen

In den letzten beiden Wochen hat die Theater-AG des Leininger- Gymnasiums ihre Bearbeitung des Theaterstücks „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen an vier Abenden aufgeführt. 

Der Fokus des Stückes liegt in der Suche nach der eigenen Identität des Protagonisten Peer Gynt, der sich auf der Suche nach dem Sinn seines Lebens immer wieder verirrt und neue Rollen annimmt, ohne zu wissen, was ihn wirklich ausmacht. Die Inszenierung, die in der heutigen Zeit spielt, ist an den Inhalt des Dramas von Ibsen angelehnt, die einzelnen Ereignisse im Leben von Peer sind jedoch verändert worden.

Das Stück mit einer Länge von ca. 2 Stunden (zum Vergleich: Das Originalstück dauert ungefähr 6 Stunden) befasst sich mit den Stationen im Leben von Peer, einem zum Alkoholismus und Drogenmissbrauch neigenden notorischen Lügner, der eine schwierige Kindheit in einem Dorf in Norddeutschland hinter sich hat und bereits als Jugendlicher für Probleme sorgt.

Im Drogenrausch begegnet Peer der Tochter des Trollkönigs, heiratet sie und soll Thronfolger werden. Nachdem sie den gemeinsamen Sohn gebärt, flieht Peer vor der Verantwortung. Die merkwürdige Ehefrau begegnet ihm jedoch später erneut und führt ihm seinen missratenen Nachwuchs vor Augen. 

Quelle: Dhein

Die einzige wirkliche Konstante in seinem Leben ist Solvejg, mit der er bis zum Tod seiner Mutter zusammenlebt, die ihn aufrichtig liebt und ihm die Freiheit gewährt, die Peer auf seinem Trip zur Suche seiner eigenen Identität benötigt. Durch dubiose Geschäfte mit Waffenhandel und Blutdiamanten wird Peer schließlich zum Milliardär, steigt in die High-Society auf und will sogar Präsident werden. Dann fällt er tief. Während die Öffentlichkeit vermutet, dass er wegen dem Bankrott seiner Firma, der absehbaren Verurteilung und seinem ramponierten Image, Selbstmord begangen hat, reist er jedoch unerkannt durch die Welt. Schließlich gelangt er in Indien in eine dubiose Sekte bestehend aus lauter Frauen. Eine von ihnen schleppt ihn auf eine Insel, wo sie ihn betäubt, ausraubt und ohne Papiere zurücklässt. Mit einer teilweisen Amnesie (er weiß nur noch seinen Namen Peer Gynt) gelangt er in eine psychiatrische Klinik. Dort sind jedoch nicht die Patienten die eigentlich Verrückten, sondern vielmehr das gesamte Personal – vor allem der Klinikleiter Dr. Begriffenfeld, der ihn sogar zum „Kaiser der Selbstsucht“ krönt. 

Quelle: Dhein

Schließlich kann Peer, der inzwischen vom Alter deutlich gezeichnet ist, die Klinik Richtung Heimat verlassen. Als er dort ankommt wird gerade Ingrid, seine erste Jugendliebe, beerdigt. Sein Zuhause ist nur noch eine Ruine und ein entferntes Lied erinnert ihn an Solvejg, der er versprochen hatte, eines Tages zurückzukehren. Er zögert jedoch, sie anzusprechen, als er sie auf einer Bank sitzen sieht. 

Doch die Zeit rinnt ihm durch die Finger: Ein Abgesandter des Todes taucht auf und will seine Seele, die er als „Rohstoff“ ansieht, in einer Art Tiegel mit anderen Seelen verschmelzen. Peer ist entsetzt, da durch das Vermischen mit den Seelen von „Hinz und Kunz“ seine eigene Identität verschwinden würde. Der Abgesandte bezweifelt, dass er jemals eine wahre Identität besessen hätte, sondern einzig und alleine unterschiedliche Rollen angenommen hat. Die einzige Möglichkeit, dem Tiegel zu entgehen, ist für Peer daher die Suche nach Zeugen für seine eigene Identität. Doch die Menschen aus seinem Leben sehen in ihm immer nur einen Aspekt – wie eine Schale einer Zwiebel, deren Kern Peer einfach nicht findet. Peer entschließt sich dazu, seine Jugendliebe Solvejg aufzusuchen, die ihn über all die Jahre geliebt und in deren Erinnerung der wahre Peer Gynt gelebt hat. Durch ihre Liebe (und ihren Kuss) entgeht er schließlich dem Tiegel. 

Insgesamt sind an der Theaterproduktion neben Frau Anstädt und Herrn Dhein 16 Schülerinnen und Schüler des LGs von Klasse 7 bis 12 beteiligt, die alle in mehreren Rollen auftreten. Dabei werden einzelne Figuren im Laufe des Stücks von mehreren Schülern verkörpert (so zum Beispiel Solvejg und vor allem Peer, der vom Schulkind bis zum Greis dargestellt wird). Die Emotionen – von Entsetzten (als Peer seinen missratenen Sohn sieht), Verzweiflung (als Peer sich bereits in dem Tiegel sieht) und Glück am Ende des Stückes – sind sehr überzeugend dargestellt und obwohl ich in der letzten Reihe neben dem Technik-Pult gesessen habe, war es mir möglich, alle Schauspieler auf der Bühne gut zu verstehen und die Gefühle nachzuvollziehen. Untermalt von passender Musik, ausgestattet mit tollen Kostümen (vor allem in der Trollszene) und geprägt von großer Einsatzbereitschaft aller Schauspieler war es ein sehr gelungener Abend. Damit können wir Zuschauer bereits auf die nächste Produktion der Theater-AG gespannt sein.

Kira Marie Niederberger (MSS 13)

Teile den Beitrag: