„Buzkashi, Buzkashi, Buzkashi!“
Bundesverdienstkreuz-Träger Reinhard Erös hält einen Vortrag über Afghanistan für MSS 12
Ob man seine Zuhörer erreicht hat, erkennt man oft daran, dass sie noch einen Moment sitzen bleiben, ins Leere starren, sich sammeln. Handelt es sich um Schüler, zeigt sich ihre Anerkennung etwas anders; anstatt schon mit dem letzten Satz des Abschiedswortes ihre verstreuten Jacken und Taschen aufzuklauben und die sogenannten „Privatgespräche“ wieder schonungslos in einer normalen Lautstärke zu führen, applaudieren sie noch im Sitzen, bevor sie sich doch in Richtung Ausgang schleppen.
Der zweistündige Vortrag von Reinhard Erös am Donnerstag hatte den eben beschriebenen Effekt auf die wohl meisten seiner Zuhörer aus der MSS 12. Der Träger des Bundesverdienstkreuzes und Gründer der „Kinderhilfe Afghanistan“ schilderte mithilfe einer kleinen Präsentation seiner Arbeit seine persönlichen Erfahrungen in dem Land am Hindukusch. Seine Intention sei dabei vor allem, dass wir uns „politisch interessieren und engagieren“, denn die Realität der Welt seien keineswegs die „paradiesischen Zustände“ in Deutschland.
Der Regensburger, der neben seinem Medizinstudium auch Politikwissenschaften studierte, kann einen beachtlichen Lebenslauf vorweisen. Er hat nicht nur mit der UN und Mutter Teresa zusammen gearbeitet, auch ist er verantwortlich für den Bau und die Organisation von 29 Schulen in vor allem Afghanistan aber auch Pakistan durch seine selbstgegründete Initiative „Kinderhilfe Afghanistan“. Diese Familieninitiative hat ihren Ursprung in den 80zigern, als die afghanische Bevölkerung im Zuge der Sowjetinvasion medizinisch unterversorgt war. Erös wollte helfen und als er selbst keine Organisation fand, die Ärzte in das Kriegsgebiet geschickt hätte, gründete er selbst eine.
Was der Arzt in dem afghanischen Gebirge erlebt haben muss, ist vermutlich kaum in Worte zu fassen, doch wo seine pragmatischen Schilderungen nicht ausreichen, lässt er Bilder von verletzten Kindern auf der Leinwand aufleuchten. Dass er aus Zeitnot einige Folien übersprang, störte daher wohl die wenigsten.
Obwohl Erös sich einer starken Rhetorik bedient hat, die stellenweise zu hinterfragen bleibt, stellte er sich und seine Erfahrungen nur kurzfristig in den Mittelpunkt. Neben Taliban und Anschlägen gebe es in dem Land noch mehr, deshalb sei es ja so spannend dort zu arbeiten, sagt er. Bilder von Frauen in traditionellen Gewändern weichen der „blauen Moschee“ und Karten, während der Referent versucht Kultur und Fluchtursachen näher zu bringen. Einen recht langen Teil davon nimmt die Beschreibung des Nationalsports „Buzkashi“ ein. Der Lieblingssport einer Nation sage viel über deren Charakter aus, davon ist Erös überzeugt. Denn trotz aller (detailreich geschilderten) Brutalität des Sportes, gebe keiner auf.
Vielleicht hat die afghanische Mentalität schon Einfluss auf unseren Referenten genommen, denn auch er hat nicht aufgegeben und mit seiner Familie weitreichende Projekte wie Schulen, Waisenhäuser und eine Gesundheitsstation verwirklicht. Dabei verhandle er auch mit Taliban, die wie er immer wieder betont nicht die einzige Fluchtursache seien.
Er verabschiedet sich mit einem letzten Appell an uns in der Welt mitzuwirken, denn „wer Gutes tut, der fühlt sich gut“.
Lilli Wallot (MSS12)
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